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Verhaltensänderungen bei Mäusen durch LTE-Strahlung

Verhaltensänderungen bei Mäusen durch LTE-Strahlung

C57BL/6 J-Mäuse zeigen permanent verändertes Verhalten und Aktivitätsniveau, nachdem sie im jungen Alter gepulsten hochfrequenten LTE-Feldern ausgesetzt wurden.

Zum Forschungsinteresse

Welche Auswirkungen Mobilfunkstrahlung auf die menschliche Gesundheit hat, ist ein von der Wissenschaft vielbeachtetes Feld. Inzwischen ist bekannt, dass das Alter eine Rolle dabei spielt, wie Menschen auf Strahlung reagieren. So absorbieren Kinder Strahlung stärker als Erwachsene. Dies kann sich auf die Entwicklung des Gehirns und anderer Organe sowie auf das Immunsystem auswirken.
Zahlreiche Fragen zu dem Thema sind jedoch noch offen. Beispielsweise, wie Smartphones mit LTE (Long-term Evolution) sich auf den Organismus auswirken. In der vorliegenden Studie werden trächtige Mäuse mit LTE-Frequenz 1846 MHz bestrahlt und das Verhalten der entstehenden Jungtiere untersucht.

Design der Studie und Durchführung

Die Muttertiere wurden während der Trächtigkeit (35 Tage) an fünf Tagen pro Woche jeweils 30 Minuten bestrahlt. Behandelt wurden sie vom Tag 13,5–18,5 der Trächtigkeit. Während der Zeit im Mutterleib hatten die Versuchstiere einen SAR zwischen 0,125–1,39 bzw. 0,249–2,79 W/kg. Bei der Strahlung handelte es sich um gepulste 1846-MHz-Strahlung, welche Downlink SAR 0,5 oder 1 W/kg Ganzkörper simulierte. Die Jungen wurden von Tag drei bis Tag 21 nach der Geburt behandelt. Zunächst wurden fünf oder sechs männliche Jungtiere pro Gruppe untersucht, ab der zweiten, dritten und vierten Woche drei.
Untersucht wurde der Zeitraum, in dem sich Gehirn und Hippocampus entwickeln. Zur Kontrolle wurde eine andere Gruppe von Tieren scheinbestrahlt und das Experiment insgesamt drei Mal durchgeführt. Im Zuge dessen wurden die Versuchstiere auch gewogen. Sie wurden mit 10 Wochen von Wurf und Mutter getrennt. Zwei Wochen lang konnten sie sich in Einzelkäfigen mit genug Futter und Wasser, Unterschlupf und Laufrad zurechtfinden.
Im Alter zwischen 12 und 28 Wochen (ab der 17. Lebenswoche) wurde ihr Verhalten ein Mal pro Woche videoaufgezeichnet. In den Aufnahmen wurden Wasser- und Nahrungsaufnahme der Tiere, sowie ihre Gewohnheiten bezüglich Bewegung und Ruhe beobachtet.

Ergebnisse

Trächtigkeit und Zahl der Jungtiere unterschied sich bei bestrahlten und scheinbestrahlten Muttertieren nicht sichtbar. Morphologische Abweichungen konnten nicht festgestellt werden. Einen signifikanten Unterschied gab es im Gewicht der Tiere: Die bestrahlten Mäuse wogen in Woche 32 in 0,5 W/kg am meisten. Bei 1 W/kg waren sie etwas leichter, den Kontrolltieren jedoch noch immer an Gewicht voraus.
Die einzig nicht-signifikante Parameter zeigten sich im Bewegungsverhalten der Tiere. So unterschied sich die Gesamtstrecke bei 1 W/kg sowie die Anzahl der Drehungen bei 0,5 W/kg kaum. In allen anderen Untersuchungsbereichen waren die Unterschiede signifikant. Etwa tranken die bestrahlten Tiere bei 0,5 W/kg weniger, bei 1 W/kg mehr als die Kontrollgruppe. Auch zwischen den untersuchten Mäusen war der Unterschied zwischen den Tieren signifikant. 0,5 W/kg nahm signifikant weniger Nahrung auf, 1 W/kg teilweise mehr.
Weiterhin wurde die Aktivität der Tiere untersucht. Dafür betrachtete das Experiment, wie oft die Mäuse das Laufrad nutzten und was für eine Strecke sie dabei zurücklegten, wie lang sie insgesamt in Bewegung waren und wie häufig sie aktive Phasen hatten.
Testgruppe 1 W/kg schaffte signifikant mehr Umdrehungen im Laufrad als 0,5 W/kg und die Kontrollgruppen. Dafür war die Gesamtstrecke der bestrahlten Tiere geringer als die der nicht-bestrahlten. Sowohl 0,5 W/kg als auch 1 W/kg hatten mehr Ruhephasen als die anderen Gruppen. Das zeigte sich unter anderem an Frequenz und Dauer des Aufenthalts im Unterschlupf.
Das Experiment dauerte ein halbes Jahr an, während dessen die Unterschiede zwischen bestrahlten und scheinbestrahlten Tieren dauerhaft sichtbar waren. Die Reaktionen auf die Bestrahlung waren jedoch nicht einheitlich. Mäuse aus 0,5 W/kg zeigten häufig ein gehemmtes Verhalten, während jene aus 1 W/kg aktiver waren. Letztere nutzten häufiger das Laufrad als die anderen Gruppen. Dafür hatten sie längere und häufigere Aufenthalte im Unterschlupf. Aufgrund der geringen Zahl von Tieren sind die Ergebnisse als vorläufig anzusehen.
Die Strahlung könnte den Stoffwechsel beeinflussen oder den Hippocampus verändert haben, so Erklärungsversuche der beteiligten Forscher und Forscherinnen. Da sich das Erinnerungsvermögen in der Entwicklungsphase befand, könnte dieses dauerhaft verändert worden sein. Dadurch wären abweichendes Trink- und Futterverhalten zu begründen.

Als Begründung für das unterschiedliche Verhalten sind thermische Wirkungen oder Wahrnehmungsstörungen nicht gegeben. Ebenso kann durch unbekannte Faktoren ausgelöster Stress ausgeschlossen werden. Denn diese Einflüsse hätten nicht zu entgegengesetztem Verhalten in den bestrahlten Gruppen geführt. Zudem wären sie nicht in den Versuchswiederholungen zu replizieren gewesen.
Weitere Gegenargumente gegen eine Zufälligkeit der Ergebnisse bietet eine Pilotstudie mit unbestrahlten Tieren. Während dieser waren keine Verhaltensveränderungen festzustellen. Zusätzlich weißt die Dauerhaftigkeit der Befunde darauf hin, dass sie nicht durch den Versuchsansatz beeinflusst waren.
Deshalb ist davon auszugehen, dass die Strahlung verantwortlich ist. Wie die Strahlung genau zu Verhaltensveränderungen führt, muss daher in weiteren Beobachtungen untersucht werden. Zudem sollten die Nervenzellen im Hirn der Versuchstiere, inklusive der Synapsenstruktur, Neurotransmitterstatus sowie der Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke, betrachtet werden. Durch die Ganzkörperbestrahlung können auch andere Bereiche Veränderungen erfahren haben, die zu untersuchen sind. Bei ionisierender Strahlung bei Menschen wurden Hinweise auf solche Muster gefunden.

Folgerungen aus den Ergebnissen

Andere Einflüsse und Begründungen konnten ausgeschlossen werden. Daher ist davon auszugehen, dass es eine langanhaltende Auswirkung auf erwachsene, männliche Mäuse hat, wenn sie im Mutterleib und kurz nach der Geburt gepulsten 1846 MHz, simulierter Downlink, Ganzkörper-SAR 0,5 und 1 W/kg bestrahlt werden, die eine Mobilfunk-Strahlung mit niedriger Feldstärke von simuliert. (IW)

Zusammenfassung

In einer Studie von Broom et al. (2019) wurde die Wirkungen der LTE-Frequenz (1,846 GHz) auf Mäuse im Mutterleib und nach der Geburt untersuch. Es zeigte sich, dass durch die wiederholte Aussetzung durch die Strahlen lang anhaltende Veränderungen bei männlichen Tieren bis ins Erwachsenenalter festzustellen waren. Die verantwortlichen Forscher und Forscherinnen glauben, dass der Hippocampus – der Bereich im Hirn, der für das Gedächtnis verantwortlich ist – sowie der Stoffwechsel verändert wurden.

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